In einer Welt, die zunehmend von Klimawandel und sozialen Herausforderungen geprägt ist, gewinnt nachhaltiges Investieren immer mehr an Bedeutung. Anleger suchen nicht nur nach finanziellen Renditen, sondern wollen auch einen positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft haben. Diese Entwicklung führt zu einer Verschmelzung von Finanzzielen und Nachhaltigkeitsaspekten, die die Investmentlandschaft grundlegend verändert.
Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten des nachhaltigen Investierens. Er untersucht Anlagestrategien, wichtige Sektoren wie erneuerbare Energien und nachhaltige Unternehmen sowie innovative Finanzprodukte. Zudem wird die Bedeutung von Transparenz und die Performance nachhaltiger Investments diskutiert. Ziel ist es, Anlegern einen umfassenden Überblick zu geben, um fundierte Entscheidungen für eine nachhaltige Zukunft zu treffen und gleichzeitig attraktive Renditen zu erzielen.
Die Grundlagen nachhaltiger Investitionen
Definition und Konzept
Nachhaltiges Investieren zielt darauf ab, neben den klassischen Kriterien Sicherheit, Rentabilität und Liquidität auch ökologische, soziale oder ethische Aspekte in die Bewertung einer Geldanlage einzubeziehen. Ein nachhaltiges Investment zeichnet sich also nicht nur durch eine rein wirtschaftliche, sondern auch durch eine nachhaltige Wirkung aus.
Das Konzept der Nachhaltigkeit wurzelt nach allgemeiner Auffassung in der Forstwirtschaft. Im Jahre 1713 erkannte der Freiberger Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz die Notwendigkeit einer “continuierlichen beständigen und nachhaltenden Nutzung” der Ressourcen, ohne den Fortbestand des Landes zu gefährden. Dieser Gedanke bildet die Grundlage für die moderne Definition von Nachhaltigkeit, wie sie im Brundtland-Bericht von 1987 formuliert wurde: “Nachhaltig ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generationen entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.”
Historie und Entwicklung
Die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in Finanzentscheidungen hat eine lange Geschichte. Bereits im 17. und 18. Jahrhundert gab es religiös motivierte Investoren, die ethische Werte als Basis für ihre Finanzentscheidungen nahmen und bestimmte Wirtschaftsbereiche von Investitionen ausschlossen.
In den 1960er und 1970er Jahren entstanden die ersten sozial-ökologisch ausgerichteten Banken und politisch motivierte Anlage-Fonds. Diese Pioniere richteten ihre gesamten Geschäftsaktivitäten an Nachhaltigkeitserwägungen aus. Um diesen Instituten mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, wurde 2009 die Global Alliance for Banking on Values (GABV) gegründet.
Nach der globalen Finanzkrise von 2008 nahm die Nachfrage nach nachhaltigen Geldanlage-Möglichkeiten deutlich zu. Der Begriff “Socially Responsible Investments” (SRI) gewann an Bedeutung, und auch konventionelle Finanzinstitute begannen, nachhaltige Produkte wie “Grüne Anleihen” anzubieten.
Aktuelle Marktlage
Der Markt für nachhaltige Investitionen erlebt derzeit ein beispielloses Wachstum. In Deutschland investierten Privatanleger 2021 netto 60 Milliarden Euro in Fonds mit ESG-Merkmalen, was einen Anstieg um fast 200 Prozent gegenüber 2020 bedeutet. Trotz unsicherer Marktlage setzte sich dieser Trend in den ersten drei Monaten 2022 mit Zuflüssen von netto 5 Milliarden Euro fort.
In der Schweiz erreichte das Volumen nachhaltiger Investitionen 2018 mit 717 Milliarden CHF einen neuen Höchststand. Deutschland ist mit einem Anteil von 28 Prozent der größte Fondsmarkt in der EU. Zum 2. August 2022 hatten knapp vier Prozent der in Deutschland abgesetzten Publikumsfonds positive Angaben zu einem Mindestanteil taxonomiekonformer Investitionen gemacht.
Trotz des beträchtlichen Wachstums handelt es sich bei nachhaltigen Investitionen immer noch um ein Nischenphänomen mit Marktanteilen von bis zu 10 Prozent in Deutschland. Die verpflichtende Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung ab August 2022 wird voraussichtlich weiter dazu beitragen, nachhaltige Investitionen zu verbreiten und Kapitalströme in nachhaltige Aktivitäten und Projekte zu lenken.
Nachhaltige Anlagestrategien
Nachhaltige Anlagestrategien haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Sie ermöglichen es Investoren, ihre finanziellen Ziele mit ihren persönlichen Werten in Einklang zu bringen und gleichzeitig positive Veränderungen in der Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Es gibt verschiedene Ansätze, die Anleger nutzen können, um nachhaltig zu investieren. Drei der wichtigsten Strategien sind der Best-in-Class-Ansatz, Ausschlusskriterien und thematische Investments.
Best-in-Class-Ansatz
Der Best-in-Class-Ansatz ist eine beliebte Strategie für nachhaltiges Investieren. Bei diesem Ansatz werden in jedem Sektor die Unternehmen mit der besten Nachhaltigkeitsperformance ausgewählt. Die Auswahl basiert oft auf Bewertungen externer ESG-Rating-Anbieter. ESG steht dabei für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung).
Dieser Ansatz hat mehrere Vorteile:
- Finanzielle Ziele: Die Auswahl der nachhaltigsten Unternehmen aus jedem Sektor kann zu Investitionen in Unternehmen mit geringeren Nachhaltigkeitsrisiken führen, was sich positiv auf die finanzielle Entwicklung auswirken kann.
- Persönliche Werte: Investoren können ihre persönlichen Wertvorstellungen entsprechend der Kriterien des ESG-Ratinganbieters abbilden.
- Risikominimierung: Der Ansatz reduziert das Risiko, in Unternehmen zu investieren, die gegen geltende Standards wie den UN Global Compact verstoßen.
Es ist jedoch zu beachten, dass der direkte Einfluss auf die Realwirtschaft bei diesem Ansatz ähnlich bescheiden ist wie bei Ausschlusskriterien.
Ausschlusskriterien
Ausschlusskriterien sind eine weitere häufig genutzte Strategie im nachhaltigen Investieren. Hierbei werden Unternehmen bestimmter Branchen vom Anlageuniversum ausgeschlossen. Ein Aktienfonds mit Ausschlusskriterien könnte beispielsweise nicht in Unternehmen investieren, die Waffen oder Alkohol herstellen.
Die Auswirkungen dieser Strategie sind vielfältig:
- Finanzielle Ziele: Die Entscheidung, bestimmte Branchen auszuschließen, kann die finanzielle Rendite beeinflussen. Je nach Marktphase kann dies zu einer besseren oder schlechteren Anlageperformance führen.
- Persönliche Werte: Ausschlusskriterien ermöglichen es Anlegern, ihre persönlichen Wertvorstellungen direkt in ihre Investitionsentscheidungen einfließen zu lassen.
- Positive Veränderung: Obwohl ein einzelner Investor mit Ausschlüssen keinen direkt messbaren Effekt erzielt, kann der kollektive Ausschluss bestimmter Sektoren durch viele Investoren zu einem Handlungsdruck führen.
Thematische Investments
Thematische Investments, auch als Themenanlagen bekannt, konzentrieren sich auf Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen zu einem ausgewählten Nachhaltigkeitsthema passen. Ein Beispiel wäre ein Aktienfonds, der sich auf erneuerbare Energien spezialisiert.
Diese Strategie hat folgende Charakteristika:
- Finanzielle Ziele: Oft wird ein Thema gewählt, das im Trend liegt und gute Wachstumsaussichten hat. Die finanzielle Rendite hängt jedoch stark von der Entwicklung der Unternehmen ab, die zum Thema passen.
- Persönliche Werte: Anleger können Themen wählen, die ihren Wertvorstellungen entsprechen. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Unternehmen, die aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit zu einem Thema passen, in allen Bereichen der Nachhaltigkeit vorbildlich sind.
- Positive Veränderung: Mit thematischen Investments können konkrete Projekte unterstützt werden, die ohne diese Finanzierung möglicherweise nicht realisiert worden wären, was zu einer messbaren positiven Veränderung führen kann.
Jede dieser Strategien hat ihre eigenen Stärken und Schwächen. Die Wahl der richtigen Strategie hängt von den individuellen Zielen und Werten des Investors ab. Oft werden auch Kombinationen dieser Ansätze verwendet, um ein ausgewogenes und nachhaltiges Portfolio zu erstellen.
Wichtige Sektoren für nachhaltige Investments
Nachhaltige Investitionen konzentrieren sich auf verschiedene Schlüsselsektoren, die eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung spielen. Drei Bereiche stechen dabei besonders hervor: saubere Energie, nachhaltige Mobilität und Ressourceneffizienz.
Saubere Energie
Der Sektor der sauberen Energie ist ein Eckpfeiler nachhaltiger Investitionen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass die Menschheit ihre Fortschritte in Sachen Energieeffizienz in den kommenden sechs Jahren verdoppeln und die Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen verdreifachen muss, um die CO2-Emissionsziele für 2050 zu erreichen. Dies erfordert massive Investitionen: Bis 2030 müssen 4,5 Billionen US-Dollar in saubere Energiequellen investiert werden, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie stehen im Mittelpunkt dieses Sektors. Investoren haben die Möglichkeit, sich an Projekten wie Windparks oder Solaranlagen zu beteiligen. Ein innovatives Konzept in diesem Bereich ist das “Green Mobility”-Konzept, bei dem Kunden sich finanziell an Solaranlagen beteiligen können, die von öffentlichen Verkehrsanbietern auf ihren Immobilien installiert werden.
Nachhaltige Mobilität
Der Verkehrssektor steht vor großen Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit. Die Eisenbahn und der öffentliche Verkehr (ÖV) haben hier einen erheblichen Vorteil gegenüber dem Individualverkehr, insbesondere in Bezug auf CO2-Emissionen. Allerdings besteht auch hier Handlungsbedarf, um die Vorreiterrolle im ökologischen Verkehr zu behalten und auszubauen.
Investitionen in diesem Sektor umfassen die Entwicklung und den Ausbau von Elektromobilität, die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur und die Förderung alternativer Mobilitätskonzepte. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik schätzt den Investitionsbedarf für die kommunale Verkehrsinfrastruktur in Deutschland bis 2030 auf 372 Milliarden Euro.
Ressourceneffizienz
Ressourceneffizienz ist ein Schlüsselelement nachhaltiger Investitionen. Dieser Sektor zielt darauf ab, die vorhandene Ressourcenbasis zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Dies ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll, da es zu geringeren Emissionen und einem niedrigeren Energieverbrauch führt.
Ein wichtiger Bereich innerhalb der Ressourceneffizienz ist die Halbleiterindustrie. Halbleiter sind das “Gehirn” der Energieeffizienz und entscheidende Wegbereiter sowohl der digitalen als auch der grünen Wirtschaft. Sie ermöglichen es, dass Geräte schneller laufen, sich verkleinern lassen, mehr Funktionen integrieren und riesige Datenmengen zuverlässig verarbeiten – und das alles bei geringerem Stromverbrauch.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ressourceneffizienz sind intelligente Stromnetze. Diese müssen parallel zu den erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Die aktuellen weltweiten Investitionen in Netze reichen nicht aus, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Um auf Kurs zu bleiben, müssen sich die jährlichen Investitionen in die Netze bis 2030 mehr als verdoppeln.
Investoren haben in diesen Sektoren vielfältige Möglichkeiten, ihr Kapital nachhaltig und gewinnbringend einzusetzen. Von Aktien über Anleihen bis hin zu direkten Projektbeteiligungen bieten sich zahlreiche Optionen. Dabei ist es wichtig, dass Investoren nicht nur auf finanzielle Renditen achten, sondern auch den tatsächlichen Einfluss ihrer Investitionen auf Umwelt und Gesellschaft berücksichtigen. Nachhaltige Investitionen in diesen Schlüsselsektoren haben das Potenzial, nicht nur attraktive Renditen zu erzielen, sondern auch einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der globalen Klimaherausforderungen zu leisten.
Nachhaltige Finanzprodukte
Nachhaltige Finanzprodukte gewinnen zunehmend an Bedeutung, da Anleger nicht nur nach finanziellen Renditen streben, sondern auch einen positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft haben möchten. Diese Produkte berücksichtigen neben wirtschaftlichen Kriterien auch Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte, die als ESG-Kriterien bekannt sind. Drei wichtige Kategorien nachhaltiger Finanzprodukte sind grüne Anleihen, Nachhaltigkeitsfonds und ETFs mit ESG-Fokus.
Grüne Anleihen
Grüne Anleihen, auch als Green Bonds bekannt, sind Finanzinstrumente, die speziell zur Finanzierung umweltfreundlicher Projekte ausgegeben werden. Der Markt für grüne Anleihen entstand 2007 mit der ersten Emission durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und hat seitdem ein beachtliches Wachstum erfahren. Zu den Emittenten zählen heute Supranationals, Unternehmen, Finanzinstitute, Verwaltungen und öffentliche Einrichtungen sowie Regierungen.
Grüne Anleihen haben von der internationalen Selbstverpflichtung zur Bekämpfung des Klimawandels profitiert, insbesondere seit der Pariser Klimakonferenz 2015 (COP21). Sie bieten Vorteile sowohl für Emittenten als auch für Investoren:
- Emittenten können ihr Engagement für die Energiewende demonstrieren.
- Investoren profitieren von einer transparenteren Berichterstattung über die Entwicklung und positiven Auswirkungen der finanzierten Projekte.
Die International Capital Market Association (ICMA) hat die Green Bond Principles entwickelt, um Leitlinien für Emittenten grüner Anleihen bereitzustellen. Diese Prinzipien betonen, dass die Emissionserlöse in Umweltprojekte fließen müssen und eine transparente Berichterstattung wichtig ist.
Nachhaltigkeitsfonds
Nachhaltigkeitsfonds sind Anlagefonds, deren Strategie nicht nur auf finanzielle Rendite ausgerichtet ist, sondern auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt. Diese Fonds wenden verschiedene Ansätze an, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen:
- Negativkriterien: Der meistverwendete Ansatz, bei dem Investments in bestimmte Unternehmen, Branchen oder Länder systematisch ausgeschlossen werden.
- ESG-Integration: Neben traditionellen Finanzkennzahlen fließen auch ESG-Kriterien in die Titelselektion ein.
- Best-in-Class-Ansatz: Unabhängig von der Branche werden die Unternehmen mit den besten Geschäftspraktiken ausgewählt.
- Thematische Anlagen: Fokussierung auf bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten mit Potenzial für langfristiges Wachstum.
Der Markt für Nachhaltigkeitsfonds in der Schweiz wächst stark. Eine Marktumfrage von Swiss Sustainable Finance zeigt, dass das Volumen an nachhaltigen Anlagen im Jahr 2021 um 30 Prozent auf CHF 1’982.7 Mrd. gestiegen ist.
ETFs mit ESG-Fokus
Exchange Traded Funds (ETFs) mit ESG-Fokus ermöglichen es Anlegern, einfach, kostengünstig und weltweit breit diversifiziert in nachhaltige Unternehmen zu investieren. Diese ETFs bilden verschiedene Nachhaltigkeitsindizes ab, die sich in ihrer Ausrichtung und Funktionsweise unterscheiden können.
Einige beliebte ESG-Indexfamilien sind:
- MSCI ESG Enhanced Focus: Diese Indizes zeichnen sich durch geringe laufende Kosten und eine hohe Marktabdeckung aus. Sie streben eine Reduktion der Kohlenstoffbelastung um 30 Prozent an.
- MSCI ESG Leaders: Diese Indizes wählen für jeden Sektor die Unternehmen mit den besten ESG-Bewertungen aus.
- MSCI SRI: Diese Indizes haben die strengsten Ausschlusskriterien und berücksichtigen nur Unternehmen mit sehr hohen ESG-Ratings.
- Solactive Core: Eine globale Familie von Aktienindizes mit ESG-bedingten Ausschlüssen.
Bei der Auswahl nachhaltiger Finanzprodukte ist es wichtig, dass Anleger die spezifischen Kriterien und Ansätze jedes Produkts sorgfältig prüfen, um sicherzustellen, dass sie mit ihren persönlichen Werten und Anlagezielen übereinstimmen. Die zunehmende Vielfalt und Verfügbarkeit nachhaltiger Finanzprodukte bietet Anlegern die Möglichkeit, ihre Portfolios nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch und sozial verantwortungsvoll zu gestalten.
Die Bedeutung von Transparenz und Reporting
In der Welt des nachhaltigen Investierens spielt Transparenz eine entscheidende Rolle. Investoren und Stakeholder verlangen zunehmend detaillierte Informationen über die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen. Dies hat zur Entwicklung verschiedener Rahmenwerke und Initiativen geführt, die darauf abzielen, die Offenlegung und Berichterstattung von Nachhaltigkeitsinformationen zu standardisieren und zu verbessern.
EU-Taxonomie
Die EU-Taxonomie ist ein Kernelement der europäischen Sustainable-Finance-Strategie und gilt als das weltweit detaillierteste und umfangreichste Rahmenwerk zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. Diese 2020 in Kraft getretene Verordnung soll die Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Finanzmarkt fördern und Investoren sowie Unternehmen bei fundierten Investitionsentscheidungen unterstützen.
Durch einheitliche Begrifflichkeiten für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten bietet die Taxonomie Banken, Unternehmen und anderen Stakeholdern eine wichtige Orientierungshilfe. Allerdings stellen die Taxonomie und die damit verbundenen Berichtspflichten die Finanzbranche und die Wirtschaft vor erhebliche Herausforderungen bei der Umsetzung. Neben der teils noch unbefriedigenden Datengrundlage stellt insbesondere die Komplexität des Rahmenwerks eine besondere Herausforderung dar.
Um diese Komplexität besser zu bewältigen, hat der Bankenverband einen Leitfaden veröffentlicht, der einen Einstieg in die Thematik und Orientierung für erste Anwendungsschritte bietet. Der Leitfaden geht auf Fragen ein wie: Was ist die Taxonomie? Wie funktioniert sie? Wo findet sie Anwendung? Was sind die wesentlichen Umsetzungsschritte? Und wie könnte sie in Zukunft weiterentwickelt werden?
Nachhaltigkeitsberichte
Nachhaltigkeitsberichte haben sich als wichtiger Bestandteil der Informationspolitik von Unternehmen etabliert. Sie stellen die Tätigkeiten und Leistungen der Organisationen im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung dar und dienen sowohl als Instrument des Nachhaltigkeitsmanagements als auch als Element des Marketings.
Seit dem 1. Januar 2024 sind Publikumsgesellschaften, große Schweizer Aktiengesellschaften, Banken und Versicherungen verpflichtet, über nichtfinanzielle Aspekte ihrer Tätigkeiten zu berichten. Auch Unternehmen, die in bedeutendem Maße im EU-Raum tätig sind, müssen europäische Regeln für die Berichterstattung einhalten.
Es gibt verschiedene Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, darunter die Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI), die zehn Prinzipien des UN Global Compact und der Deutsche Nachhaltigkeitskodex. Diese Standards überschneiden sich teilweise inhaltlich, haben jedoch unterschiedliche Schwerpunkte bei den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit.
In den Berichten werden Fortschritte in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales festgehalten. Wichtige Kennzahlen zur Nachhaltigkeit sollten zu Beginn des Berichts vorgestellt werden, um eine schnelle Orientierung über Tendenzen zu ermöglichen. Mit der EU-Taxonomie wird besonders auf den Anteil des “grünen” Umsatzes, den Anteil der Investitionsausgaben und den Anteil des Betriebsaufwandes geschaut.
Carbon Disclosure Project
Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist eine im Jahr 2000 gegründete Non-Profit-Organisation mit dem Ziel, dass Unternehmen und Kommunen ihre Umweltdaten veröffentlichen. Es hat sich zur weltgrößten Investoreninitiative entwickelt, der sich 722 Großinvestoren angeschlossen haben, die zusammen 87 Billionen Dollar Vermögen verwalten (Stand: Dezember 2013).
Das CDP erhebt jährlich anhand von standardisierten Fragebögen auf freiwilliger Basis Daten und Informationen zu CO2-Emissionen, Klimarisiken und Reduktionszielen und -strategien von Unternehmen. Die von den Unternehmen freigegebenen Daten und die jährlichen CDP-Berichte sind auf der Internetseite des CDP für alle Interessenten frei verfügbar.
Das CDP hat die weltgrößte Klimadatenbank aufgebaut, die über 10.000 berichtete Maßnahmen zur Emissionsminderung umfasst. Zudem benennt es im “Carbon Disclosure Leadership Index” (CDLI) die transparentesten Unternehmen und zeichnet im “Carbon Disclosure Performance Index” (CDPI) die Unternehmen aus, welche in Sachen Klimaschutz die höchsten Leistungen erbringen.
Die Initiative des CDP löst eine Art Wettbewerb aus, indem es unter anderem veröffentlicht, welche Unternehmen nicht an der Umfrage teilnehmen. Dadurch üben die Großinvestoren Druck auf Unternehmen aus, ihre Klimastrategien zu entwickeln und darzustellen.
Rendite und Performance nachhaltiger Investments
Die Debatte über die Rendite und das Risiko nachhaltiger Geldanlagen wird oft kontrovers geführt. Viele Anleger befürchten, dass sie bei nachhaltigen Investments Renditeeinbußen in Kauf nehmen müssen. Diese Annahme basiert auf dem Vorurteil, dass nachhaltige Bemühungen hauptsächlich einem philanthropischen Zweck dienen, ohne direkten betriebswirtschaftlichen Bezug. Die Realität zeigt jedoch ein differenzierteres Bild.
Langfristige vs. kurzfristige Betrachtung
Bei der Bewertung nachhaltiger Investments ist die Unterscheidung zwischen langfristigen und kurzfristigen Anlagestrategien von entscheidender Bedeutung. Langfristige Strategien, die das Halten von Vermögenswerten über mehrere Jahre beinhalten, sind oft mit einem geringeren Risiko und einem stetigen Wachstum verbunden. Sie profitieren von der Kraft der Aufzinsung, bei der reinvestierte Erträge im Laufe der Zeit eigene Erträge generieren.
Kurzfristige Anlagestrategien hingegen zielen darauf ab, von der Marktvolatilität zu profitieren. Anleger, die solche Strategien verfolgen, kaufen und verkaufen Vermögenswerte oft innerhalb eines Jahres oder sogar innerhalb von Tagen oder Wochen. Dies erfordert einen praxisorientierten Ansatz und eine höhere Risikotoleranz, da das Potenzial für schnelle Gewinne mit der Möglichkeit erheblicher Verluste einhergeht.
Risiko-Rendite-Profil
Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) im Investmentprozess kann sich positiv auf das Rendite-Risiko-Profil der Anlageportfolios auswirken. Studien zeigen, dass die Integration von ESG-Kriterien zur Optimierung des Rendite-Risiko-Profils eines Portfolios beitragen kann. Im Ergebnis wird die Effizienz der Portfolios gesteigert, d.h. bei einem gegebenen Risiko wird die höchstmögliche erwartete Rendite erzielt oder bei gegebener Rendite weist das Portfolio das geringstmögliche Risiko auf.
Ein wichtiger Aspekt ist, dass ESG-Analysen zusätzliche Informationen zum systematischen Risiko von Unternehmen liefern, die über reine Finanzkennzahlen hinausgehen. Durch die Integration von ESG-Kriterien können physische Risiken (z.B. Schäden an Gebäuden, Infrastruktur) sowie Transitionsrisiken (z.B. Regulierungsänderungen) reduziert werden.
Vergleich zu konventionellen Anlagen
Der Vergleich zwischen nachhaltigen und konventionellen Anlagen zeigt interessante Ergebnisse. Eine Umfrage unter Großanlegern ergab, dass 78 Prozent der Befragten, die sowohl klassisch als auch nachhaltig investieren, angeben, dass die Rendite bei nachhaltigen Investments gleich hoch oder sogar höher sei als bei konventionellen Strategien. Zudem bescheinigen 79 Prozent den nachhaltigen Anlagen ein ebenso gutes oder sogar besseres Risikomanagement als konventionellen Investments.
Es ist jedoch zu beachten, dass es innerhalb der verschiedenen Anlagestile bei nachhaltigen Geldanlagen (Ausschlüsse, Best-in-Class, Themeninvestments, Impact-Investments u.a.) Unterschiede in Bezug auf Rendite und Risiko gibt. So deuten erste Erkenntnisse darauf hin, dass der vermehrte Rückgriff auf Ausschlusskriterien mit Performanceeinbußen bzw. höherem relativen Risiko einhergehen kann. Auch gezielte Themeninvestments haben in der Vergangenheit zu erratischen Schwankungen geführt.
Interessanterweise zeigt sich, dass Unternehmen, die ein gutes ESG-Management führen, in der Tendenz nicht nur langfristig profitabler sind, sondern auch besser gegen plötzliche Krisen gewappnet sind als Firmen, die nicht auf eine nachhaltige Geschäftsführung setzen. Dies wurde während der Coronakrise deutlich, als ESG-Indizes in sämtlichen europäischen Märkten eine bessere Performance zeigten als Indizes ohne ESG-Fokus.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Kosten der Implementierung und laufenden ESG-Analyse in vielen Studien nicht explizit berücksichtigt werden. Dennoch deuten die vorliegenden Metastudien darauf hin, dass sich nachhaltiges Investieren positiv auf den Ertrag auswirken kann oder oftmals gar keinen Einfluss auf den Ertrag hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Berücksichtigung nachhaltiger Investmentstrategien mit Blick auf das Rendite-Risiko-Profil von Portfolios grundsätzlich im Einklang mit den treuhänderischen Pflichten der Anleger steht. Je weniger Ausschluss- und Positivkriterien mit wesentlichen Einschränkungen des Investmentuniversums verbunden sind und je besser materielle rendite- und risikorelevante ESG-Kriterien identifiziert werden, desto eher kann sogar eine risikoadjustierte Überrendite generiert werden.
Integration von Nachhaltigkeit in Anlageentscheidungen
Die Integration von Nachhaltigkeit in Anlageentscheidungen gewinnt zunehmend an Bedeutung in der Investmentlandschaft. Anleger:innen suchen nicht nur nach finanziellen Renditen, sondern möchten auch einen positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft haben. Um diesem Bedürfnis gerecht zu werden, haben sich verschiedene Ansätze entwickelt, die ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) in den Investmentprozess einbeziehen.
ESG-Integration
ESG-Integration ist ein Ansatz, bei dem ESG-Kriterien explizit in die traditionelle Finanzanalyse von Unternehmen einbezogen werden. Diese Kriterien werden als integraler Bestandteil der Analyse betrachtet und dienen dazu, potenzielle Risiken und Chancen zu identifizieren, die sich aus Nachhaltigkeitsaspekten ergeben können.
Bei der Vermögensverwaltung mit nachhaltiger Fondsselektion bildet die strategische Asset-Allokation die Basis. Für jede Anlageklasse wird mindestens ein Referenzindex definiert, wobei nach Möglichkeit Indizes eingesetzt werden, die ESG-Kriterien berücksichtigen. Im Anschluss werden alle ESG-Indexfonds analysiert, die diese ESG-Indizes replizieren.
Die Selektion der Fonds erfolgt anhand einer umfassenden Anzahl qualitativer und quantitativer Kriterien. Dazu gehören beispielsweise:
- ESG-Ratings
- CO2-Intensität
- Unerwünschte Geschäftsaktivitäten
Das Ziel ist es, nur ESG-Indexfonds einzusetzen, die sowohl hinsichtlich ihrer ESG-Eigenschaften als auch ihrer Produktqualität überzeugen. Zusätzlich können Positionen aus taktischen Überlegungen eingesetzt werden, um ausgewählte ESG-Strategien umzusetzen und/oder das Renditepotenzial zu erhöhen.
Engagement und aktive Einflussnahme
Engagement ist ein wichtiger Bestandteil der nachhaltigen Anlagestrategie. Dabei tritt der Investmentmanager in einen aktiven und langfristig angelegten Dialog mit Unternehmen, um deren Verhalten bezüglich ESG-Kriterien zu verbessern. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen:
- Direkte Gespräche mit dem Management und dem Verwaltungsrat
- Adressierung von UN Global Compact Verstößen
- Definition von CO2-Reduktionszielen
- Diskussion von Themen der guten Unternehmensführung
Sollte ein Dialog mittel- bis langfristig nicht erfolgreich verlaufen, können Investoren verschiedene Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise:
- Abwahl von Verwaltungsratsmitgliedern via Stimmrechtswahrnehmung
- Ablehnung von Vergütungsanträgen
- Nichterteilung der Décharge
Viele Investoren schließen sich auch Initiativen an, um ihre Stimmkraft zu bündeln und einen größeren Einfluss auszuüben. Beispiele hierfür sind die Climate Action 100+ Initiative oder die “Say on Climate” Initiative.
Impact Measurement
Impact Measurement ist ein wesentlicher Bestandteil des nachhaltigen Investierens. Es geht darum, die tatsächlichen Auswirkungen der Investitionen auf Umwelt und Gesellschaft zu messen und zu quantifizieren. Dies ist oft eine Herausforderung, da es keine einheitlichen Kriterien zur Impact Messung gibt.
Bei der Impact Messung wird zwischen zwei Ebenen unterschieden:
- Der Impact der Investition selbst
- Der Impact des Zielunternehmens mit seinen Tätigkeiten
Für Investor:innen ist insbesondere der zweite Punkt von großer Bedeutung. Um den Impact messbar zu machen, werden verschiedene Methoden angewandt, wie beispielsweise:
- Nullmessung: Messung des Ist-Zustands zu Beginn des Engagements
- Vorher-Nachher-Analysen
- Empirische Erhebungen wie Zeitreihenanalysen
Ein Beispiel für die praktische Umsetzung der Impact Messung ist der European Social Innovation and Impact Fund (ESIIF). Hier wird das iooi-Modell zur Impact Messung verwendet, das vier Kategorien umfasst: Input, Output, Outcome und Impact.
Die Integration von Nachhaltigkeit in Anlageentscheidungen ist ein komplexer Prozess, der kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung erfordert. Durch die Kombination von ESG-Integration, aktivem Engagement und Impact Measurement können Investoren nicht nur ihre finanziellen Ziele verfolgen, sondern auch einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.
Schlussfolgerung
Die Entwicklung nachhaltiger Investitionsstrategien hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Finanzlandschaft. Anleger haben jetzt die Möglichkeit, ihre finanziellen Ziele mit positiven Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft in Einklang zu bringen. Die Integration von ESG-Kriterien, grüne Anleihen und Nachhaltigkeitsfonds bieten vielfältige Optionen, um verantwortungsvoll zu investieren. Dabei zeigt sich, dass nachhaltige Anlagen oft eine vergleichbare oder sogar bessere Performance als herkömmliche Investments aufweisen.
Um die Zukunft zu gestalten, ist es entscheidend, Nachhaltigkeit in Anlageentscheidungen einzubeziehen. Transparenz und aussagekräftige Berichterstattung spielen dabei eine wichtige Rolle, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Mit der wachsenden Bedeutung von ESG-Faktoren und dem steigenden Bewusstsein für globale Herausforderungen wird nachhaltiges Investieren weiterhin an Bedeutung gewinnen. So können Anleger nicht nur attraktive Renditen erzielen, sondern auch einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt leisten.